Die Anfänge der christlichen Lebensgemeinschaft "La Kroiz".

Die Gemeinschaft „La Kroiz“ wurde 1997 von fünf Personen in einem Hochhaus am Ende der Krozinger Straße in Freiburg-Weingarten gegründet, mitten unter Menschen, mit denen viele aus der Kirchengemeinde vorort oder der Stadt Freiburg nichts zu tun haben wollten und wollen.

Die meisten von uns kannten sich über die Gemeinschaft Christlichen Lebens (GCL). Unser Anliegen war es, mit Jesus Christus als Lebensmitte zu leben, geschwisterlich zu wirtschaften und für Nachbar(inne)n da zu sein. Wir nannten uns „La Kroiz“ – abgeleitet von der Krozinger Straße und la croix (französisch: das Kreuz). Unsere geistlichen „Lebensmittel“ waren damals: Wir beteten zweimal täglich gemeinsam für 30 Minuten. Wir versuchten, regelmäßig an der Eucharistiefeier in unserer Pfarrei teilzunehmen. Jede(r) von uns hatte Geistliche Begleitung, darüber hinaus hatten wir Begleitung als Gemeinschaft „La Kroiz“. Und jede(r) von uns machte einmal im Jahr Exerzitien, sei es bei der GCL, im Ashram-Jesu oder…

„Wenn DIE kommen, dann komme ich nicht“. Mittwochs war Bistroabend. Wir luden Nachbar(inne)n in unser Bistro ein, das wir in einer unserer angemieteten Wohnungen eingerichtet hatten. Sehr bald mussten wir uns entscheiden. Wir entschieden uns für DIE. – DIE waren Nachbar(inne)n von uns, die von anderen Nachbar(inne)n gemieden wurden.

Wir hatten unser eigenes Lied von unserer kleinen Kneipe, das bei Feiern gesungen und für den Anlass angepasst wurde.

die Kleine Kneipe am Ende der Straße

Der Abend senkt sich auf die Dächer der Vorstadt, die Kinder vom Spielplatz gehen heim, ne Frau kommt mit Einkaufswagen vom Laden, ein Mann trägt Obstkisten rein. Der Tag ist vorüber, die Menschen sind müde, und mancher, der hat kein zuhaus, doch drüben klingt aus der K78 Musik aus dem Fenster hinaus:

Die kleine Kneipe am Ende der Straße, dort wo das Leben noch lebenswert ist, dort in der Kneipe am Ende der Straße, da fragt dich keiner, was du hast oder bist.

Die Erinnerungsbilder an der Wand, in der Ecke das Foto vom Schützenverein, das Stimmengewirr, die Musik aus dem Radio, all das ist ein Stückchen daheim. Du wirfst einen Cent in den Parkautomaten, schaust andern beim Kartenspiel zu. Und stehst mit dem Glas an der Theke und bist gleich mit jedem per du (...)

Text in Abwandlung von: Peter Alexander, die kleine Kneipe

Wirken in die Kirchengemeinde St. Andreas hinein

Mitarbeit beim Aufbau der Hauszellgruppen, Passionsspielworkshop, Exerzitien im Alltag

 

Hauszellgruppe

Von Anfang an arbeiteten wir in unserer Kirchengemeinde St. Andreas mit. Wir beteiligten uns beim Aufbau der Hauszell-gruppen. Sie sind ein Modell zur Evangelisation. Bei den wöchentlichen Treffen wird gemeinsam gebetet, das Evangelium des kommenden Sonntags geteilt, geschaut, wer in der Gemeinde Unterstützung braucht, und überlegt, wer in die Hauszellgruppe eingeladen werden soll; bei zwölf Teilneh-menden teilt sich die Zelle.

 

närrische Info zu Hauszellgruppen

Die Scheinheiligen der 98er Jahre

Das ist die neue Masche, die jeder gleich erkennt, die man in Sankt Andreas nur Hauszellgruppen nennt. wir kommen dort zusammen und sind ganz einfach stumm. Ne Stunde dann ist's rum.  rucki zucki…

Seit Dezember - man kanns schier nicht fassen - gibt es in Weingarten Zelleninsassen. Dabei schien Sankt Andreas - wie andre Pfarrein - bisher von Kriminellen verschont zu sein. Doch das änderte sich zu guter letzt: Der Pfarrer hat sich ins Schwäbische abgesetzt. Man tat sehr viele inflagranti ergreifen: Drum tragen wir alle Nadelstreifen.

Sie sehn: Auch wenn vieles dafür spricht: Heilig, heilig sind wir nicht!

In Zellen versucht man, uns zu bekehren. Der Leiter will uns die Bibel erklären. Dabei fragt er jeden mit unschuldger Mine: ,,was steht denn nun wirklich in der Bibel drinne?" Dann folgt die Ermahnung in großer Schärfe, dass wir nichts weiter erzähle derfe, und wenn wir klug schwiegen, man kann es nicht fassen, werden wir nach ner Stunde auf Probe entlassen (...)

Passionsspiel

Fast zeitgleich (1999 - 2006) brachten wir - inzwischen nur noch zu viert -  gemeinsam mit  unterschiedlichsten Menschen in den „Begegnungen am Rande der Passion Jesu“ die Frohbotschaft ins Spiel. Ob Agnostiker oder Christen, Behinderte oder Wohnungslose, Ältere oder Jüngere: Jede Person konnte sich selbst mit ihrem eigenen Leben einbringen und dabei zur Sprache bringen, wie es ihr mit Jesus und seiner Passion geht.

 

 

 

 

 

Spielszene aus Passionsspiel

Tempelreinigung
Händler: Frische Tau’m, Frische Tau’m, alles füren Glau‘m! --Turteltäubchen gefällig die Dame? Prima Ware, 1a Bodenhaltung! -- Halt! Sind sie wahnsinnig?
Touristin: Was erlauben sie sich?!
Händler: Können sie nicht lesen? -- Kein Zutritt für Fremde -- Todesstrafe!
Touristin: Aber ich will doch in den Tempel! Ich will beten!
Händler: Beten sie doch hier! Hier ist auch Tempel! -- Für die Fremden ist der Vorhof da!
Touristin: Hier? Hier kann ich nicht beten! Bei dem Lärm! Und all die Tiere! Was für ein Gestank!
Händler: Das ist noch gar nichts! Da hätten sie mal Anfang der Woche kommen müssen! Da war was los! Fünfzehn Paar Täubchen hab ich verkauft, bis uns dieser Jesus verjagt hat!
Touristin: Jesus? Jesus von Nazareth?
Händler: Schreien se doch noch lauter! Der hat sich hier nicht nur Freunde gemacht! Räuberhöhle hat er gesagt, Räuberhöhle! (...)

 

Exerzitien im Alltag

In größeren Abständen boten wir in der Fastenzeit Exerzitien im Alltag an.

 

Straßenexerzitien leben

Zusammenwohnen mit wohnungslosen Menschen

 

Unsere Gemeinschaft verkleinerte sich weiter auf drei Mitglieder. Wir spürten, dass noch etwas ausstand. Zwei von uns hatten Straßenexerzitien gemacht. Das Geschwistersein bewegte uns. Auf unserem Suchweg wurden wir ermutigt, wohnungslose Menschen in unsere Wohnungen aufzunehmen. „Wenn DIE mit euch wohnen, dann besuche ich euch nicht mehr“. Mit DIE waren unsere potentiellen Mitbewohner gemeint. Wir entschieden uns für DIE. Das „La Kroiz – Mitwohnprojekt“ war geboren, wir starteten damit im Jahr 2002.

Mit der Zeit stellten wir fest, dass wir Straßenexerzitien leben. So begannen wir, Menschen, die Straßenexerzitien machen wollten, zu uns nach Hause einzuladen und sie zu begleiten. Mit unseren Mitbewohnern sowie mit den Exerzitant(inn)en durften wir immer wieder neu erfahren, dass Gott gerade da ist, wo wir IHN und unsere Mitmenschen meiden,... – gerade DA IST ER.

wertvolle Erfahrungen

„Vieles war gewöhnungsbedürftig,

… wenn ein Bewohner regelmäßig um halb sechs Uhr in der Frühe laut schimpfend und Selbstgespräche führend durch die Wohnung stampft, um sich für seinen Arbeitseinsatz im Zuge von Hartz IV zu ‚motivieren’ …

… wenn ein anderer tagelang abwesend ist und wir uns fragen, wo er abgeblieben und was mit ihm los ist …

… wenn mal wieder die Kohle nicht reicht und deshalb im Haushalt ein paar Kisten Leergut fehlen …

… wenn zwei Bewohner sich in der Wohnung die Nase blutig schlagen …

… wenn mal wieder die Kühlschranktüre offen stehen gelassen wurde und das Gerät völlig vereist ist …

… wenn ein Bewohner spontan eine Grundreinigung der Wohnung machen will und dich anfragt, ob du mithilfst …

und doch war vielleicht das gerade Leben,

… mal nicht zu schimpfen über den Lärm, sondern bei Gelegenheit einfühlsam nachzufragen, wie es denn so geht …

… in der Hoffnung zu leben, dass der Betreffende den Weg zurück ‚nach Hause’ findet …

… Wege zu suchen, finanzielle Engpässe miteinander vertrauensvoll zu meistern …

… mit den Betreffenden ins Gespräch zu kommen und zu schauen, was an Miteinander da noch möglich ist …

… die eigenen Vorhaben zurückzustellen und mitzuputzen …

Tag für Tag durften wir entdecken, dass uns auch gar nichts von unseren Mitbewohnern unterschied, und dass wir ganz aus der Gnade Gottes lebten,

… wenn nachts um eins leise ein Mitbewohner aufsteht, um nachzuschauen, ob ein betrunken Heimgekehrter nach einem warmen Nachtessen in der Küche den Herd auch abgestellt hat …

… wenn, nachdem zwei Stunden die Wohnungstür sperrangelweit offen stand, ein Mitbewohner dich mit den Worten empfängt: ‚aber ich habe gleich nachgeschaut, ob dein Computer noch da ist!’ …

… wenn Bewohner selbständig anfangen, Verantwortung zu übernehmen, und Bad und Küche sauber halten …

… wenn wir von den Mitbewohnern hin und wieder zu einem ‚Festessen’ eingeladen werden …

… wenn mir von Mitbewohnern so viel Vertrauen entgegengebracht wird, dass mir ‚Rücklagen’ oder Dokumente (ohne Quittung) zum Aufbewahren übergeben werden …“

 

Im "La Kroiz – Mitwohnprojekt“ nahmen wir einander in unserer Unterschiedlichkeit an, unterstützten einander, feierten miteinander das Leben (Geburtstage, kirchliche Feste), spielten miteinander und unternahmen gemeinsam Ausflüge.

In der Zeit von 2019 bis 2022 haben wir das „La Kroiz – Mitwohnprojekt“ auslaufen lassen. Hintergrund dafür war eine Erkrankung und die Ahnung, dass etwas Neues ansteht.

 

Stadtkloster  im Hochhaus

Die Idee des "Stadtklosters" hat uns sehr angesprochen. Im Jahr 2020 hatten wir begonnen, Elemente unserer geistlichen Lebensweise verstärkt in Räumen unserer Pfarrei St. Andreas anzubieten und für Interessierte zu öffnen. Auf unserem Suchweg wurde uns deutlich, dass unsere geistlichen Lebensmittel für uns elementar sind, aber auch die "Wüste", die Nähe zu einfachen, ausgegrenzten Menschen. 

Ende 2023 wurde uns bewusst, dass wir mit unserem über die Jahre gewachsenen, spirituellen Angebot bereits „Stadtkloster im Hochhaus“ leben und Suchende auf ihrer Suche nach dem MEHR IN DEREN LEBEN unterstützen und begleiten können.

"Stadtkloster im Hochhaus" bedeutet für uns, wie Madeleine Delbrêl Gottes Gegenwart mitten in einer sekulären Welt zu leben.